pvServe ein Servicenetzteil für die Photovoltaikbranche

ich habe in den letzten Monaten einige Artikel zur Rückstromthermographie und zur Outdoor Elektrolumineszenz veröffentlicht, die auf ein großes Interesse gestoßen sind. Neben den Kameras, ist für diese Untersuchungen ein speziell auf die Bedürfnisse der Solarbranche zugeschnittenes Netzteil erforderlich, mit dem man als Solarteur oder Gutachter nebenbei noch eine Reihe weiterer nützlicher Dinge erledigen kann. Da wir durch eigene praktische Anwendung von der Sinnhaftigkeit dieser Geräte überzeugt sind, haben wir uns dazu entschlossen, diese ab 2013 neben unseren Dienstleistungen als erstes “Hardwareprodukt” zu vertreiben. Was es mit den Geräten genau auf sich hat und was man damit alles anstellen kann, ist Inhalt dieses Artikels, der vor allem für technisch interessierte Leser gedacht ist.

Bereits vor einigen Jahren wurden im Rahmen der IEC Prüfungen an Solarmodulen erste Tests eingeführt, bei denen die Module rückwärts bestromt wurden. Das heißt an die Klemmen des Solarmoduls wird eine Spannung angelegt, die größer ist als die gerade auftretende Leerlaufspannung des Moduls. Das Modul verhält sich dann wie eine Reihenschaltung von 60 bzw. 72 Dioden (je nach dem wie viele Zellen das Modul hat; Eine Zelle hat die Eigenschaften einer Diode). Erhöht man die Spannung langsam über die Leerlaufspannung hinaus, beginnt plötzlich ein Strom zu fließen, der in die entgegengesetzte Richtung wie der “normale” Solarstrom fließt. Schon bei bei kleiner zusätzlicher Spannungserhöhung beginnt der Strom exponentiell zu wachsen, so wie es bei Dioden üblich ist. Bei den IEC Tests, wie sie beispielsweise der TÜV  Rheinland in Köln durchführt, wird so beispielsweise ein Modul, das sich in der Klimakammer befindet zusätzlich mit einem Strom belastet. Dadurch kann man testen, wie sich extreme Klimabedingungen bei gleichzeitig fließendem Strom auf die Module auswirken. Da es in den Klimakammern dunkel ist, ist dies die einzige Möglichkeit die Sonne zu simulieren. Für die Überprüfung der elektrischen Verbindungen zwischen den Zellen, bzw. zwischen den Zellen und den Modulanschlussdosen spielt es dabei keine Rolle, dass der Strom in die “falsche” Richtung fließt.

Hotspot an polykristallinem Solarmodul

Ich habe hier im Blog schon öfter darüber berichtet, wie schwierig es ist, fertig installierte Photovoltaikanlagen zu überprüfen, da die Prüfmethoden sehr stark von den Wetterbedingungen abhängen. Eine Kennlinienmessung kann z.B. normgerecht erst ab einer Einstrahlung von 800W/m² -auf die geneigte Modulfläche- ausgeführt werden. Auch bei Thermographieuntersuchungen zum Aufspüren von heißen Punkten auf den Zellen oder an den Anschlussdosen benötigt man eine Mindesteinstrahlung von 400W/m² oder besser sogar 600W/m² damit ein ausreichender Strom fließt. Das sind Randbedingungen, die die Terminkoordination mit Kunden, insbesondere wenn die Anlagen weiter weg sind, nicht gerade einfacher macht. Oft fährt man kilometerweit zur Anlage, um dann festzustellen, dass sich das Wetter eingetrübt hat und die geplante Untersuchung nicht durchgeführt werden kann.

Elektrolumineszenz: Modul mit defekten Bypassdioden

Es war also naheliegend, nach einer Methode zu suchen, mit der man möglichst viele Fehler in einer Photovoltaikanlage aufspüren kann und die gleichzeitig völlig wetterunabhängig ist. Die Idee war, es ähnlich zu machen wie bei den IEC Untersuchungen und den Strom in umgekehrter Richtung durch die Module zu treiben. Die meisten Modulhersteller lassen dies inzwischen auch zu und machen zum Teil sogar schon Angaben zur maximalen Rückstrombelastung ihrer Module.

Die einzige Hürde, die es jetzt noch zu überwinden galt, war die Entwicklung eines Gerätes, dass nicht nur ein einziges Modul rückwärts bestromen kann, sondern einen fertig installierten Solarmodulstrang von beispielsweise 15 oder 16 in Reihe geschalteten Modulen. Außerdem sollte das Gerät mobil sein und in jedem Gebäude an einer konventionellen 230V Steckdose betrieben werden können. Es durfte also nicht so viel Leistung benötigen, dass man einen Drehstromanschluss braucht. Im Frühjahr 2012 haben wir schließlich einen Partner gefunden, der uns die Leistungselektronik so gestrickt hat, dass sie unseren Bedürfnissen optimal entspricht.  Die ersten Praxistests begannen bereits im Sommer 2012 und zogen sich bis in den Herbst. Viele der entstandenen Thermographie und Elektrolumineszenzbilder wurden bereits hier im Blog veröffentlicht.

pvServe Erster Prototyp

Meine persönlichen Erwartungen wurden – vor allem durch die zusätzliche Möglichkeit auch Elektrolumineszenzaufnahmen machen zu können – deutlich übertroffen. Ich habe die Ergebnisse allerdings stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen, da ich praktisch in jeder untersuchten Anlage kleinere Fehler gefunden habe. In einigen Anlagen waren die Fehler auch schon nicht mehr ganz so klein. Die meisten der Aufnahmen entstanden Nachts, es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Rückstromthermographieaufnahmen auch tagsüber noch mit sehr guten Ergebnissen durchgeführt werden können. Lediglich die Elektrolumineszenz funktioniert im Moment nur Nachts.

Damit war die Idee für das pvServe geboren. Das erste Servicenetzteil für die Photovoltaikbranche, dessen technische Daten ich hier gerne erstmals veröffentlichen möchte:

  • Udc: 0…1000V
  • Idc: 0…5A
  • Pdc: 3300W
  • Uac: 230V (Anschluss an konventionelle 230V Steckdose; 16A)
  • Gewicht: 18,5kg
  • Gehäuse: Flightcase 19”, 4 Höheneinheiten
  • HxBxT: 56,5 x 22 x 58 cm
  • Plus und Minus Anschluss erfolgt durch 2 Laborbuchsen (hier kann es noch Änderungen geben)

Die Leistung wurde bewusst auf 3,3kW beschränkt, um den Betrieb an einer konventionellen 230V Steckdose zu ermöglichen. Bei 1000Vdc kann das Gerät daher nur 3,3A. Bei 5A für Idc beträgt die maximale Spannung 660V.

Die Anzahl der Module, die man damit rückwärts bestromen kann, hängt natürlich von der Anzahl der Zellen ab. Außerdem ist die aufzuwendende Spannung bei niedrigen Temperaturen höher als bei hohen.

Als Anhaltspunkt können folgende Werte genommen werden: Bei 20° Umgebungstemperatur kann man etwa 22 Module mit 60 Zellen, bzw. 19 Module mit 72 Zellen in Serie rückwärts bestromen. (bei 1000V)
Möchte man den höheren Strom von 5A nutzen, kann man 17Stck. 60 Zeller oder 15Stck. 72 Zeller bestromen.

3,3A entsprechen bei einem modernen 72 Zellenmodul mit 5” Zellen etwa 66% des Nennstromes. Man simuliert also quasi eine Sonneneinstrahlung von 660W/m².  Bei einem 60 Zeller mit 6” Zellen, sind es immerhin noch knapp 40% des Nennstromes oder 400W/m² Sonneneinstrahlung. Da moderne Thermographiekameras noch Temperaturunterschiede von bis zu 50mK auflösen können, genügt dieser Strom bereits um die meisten Fehler zu lokalisieren.

Nachfolgend möchte ich noch einen stichpunktartigen Überblick darüber geben, was man mit dem Netzteil alles machen kann:

Das pvServe wird ab Februar 2013 bei uns erhältlich sein. Im Lieferumfang ist das Netzteil, zwei Laborkabel mit MC 3 Steckverbindern, 2 Laborkabel mit MC 4 Steckverbindern und einem Kaltgerätestecker enthalten. Die Lieferzeit beträgt ca. 4 Wochen.

Für weitere Fragen stehen wir natürlich gerne hier im Blog, in unserem Forum oder per Mail zur Verfügung…

Das Datenblatt es pvServe kann hier heruntergeladen werden.

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