Kennlinien Messprotokolle verstehen

Wer unsere Dienstleistung der Photovoltaik Anlageninspektion in Anspruch nimmt, bekommt nach erfolgter Kennlinienmessung sämtlicher Modulstränge des jeweiligen Solargenerators ein Messprotokoll, in dem die Ergebnisse dokumentiert werden. Auf Wunsch einiger Kunden möchte ich in diesem Artikel versuchen, in allgemein verständlicher Weise zu erklären, welche Messdaten man dort findet und wie sie zu interpretieren sind.

Zunächst möchte ich einige grundlegende Zusammenhänge noch einmal erklären.
Wenn man eine Solarstromanlage kauft, so bekommt man vom Verkäufer eine Angabe über die Leistungsfähigkeit der Anlage gemacht. Diese Leistungsfähigkeit wird in dem technischen Begriff Wp (sprich Watt Peak) oder kWp (Kilowatt Peak; 1000Wp = 1kWp) ausgedrückt. Das Wp bezeichnet die elektrische Leistung einer Solarstromanlage, die bei einer bestimmten Einstrahlung, bei einer bestimmten Temperatur und bei einer bestimmten spektralen Zusammensetzung der Einstrahlung erreicht wird. Diese bestimmten Rahmenbedingungen bezeichnet man als Standard Test Bedingungen (STC). Dass die Solarmodule die versprochene Leistung auch tatsächlich erbringen, dokumentiert der Hersteller mit sogenannten Flashlisten. Das sind Messprotokolle, die von jedem einzelnen Modul vor dem Verlassen der Produktionsstätte angefertigt werden. Diese Daten kann man als Endkunde vom Solarteur erhalten und sie sollten selbstverständlich zu einer guten Anlagendokumentation dazugehören. Aus diesen Protokollen kann man für jedes einzelne Solarmodul die Messwerte für die Leistung (in Wp), die Leerlaufspannung (das ist die Spannung die man an den Klemmen des Modules messen kann, wenn kein Verbraucher angeschlossen ist), die Mpp Spannung Umpp (das ist die Spannung im Punkt maximaler Leistung des Moduls), den Kurzschlussstrom (das ist der Strom, den man misst, wenn man die Anschlüsse des Solarmoduls einfach kurzschließt) und den Strom im Punkt maximaler Leistung Impp entnehmen. All diese Werte werden bei oben beschriebenen Standard Testbedingungen gemessen. Diese Standard Testbedingungen werden in einer Solarmodulfertigung künstlich mit Hilfe eines Blitzlichtgerätes (dem Flasher) hergestellt. Weitere Infos zu dem was dort genau gemessen wird finden technisch interessierte Leser hier.
Ist die Anlage erst einmal installiert und die Module liefern den ersten Strom, herrschen natürlich in den seltensten Fällen die Standard Test Bedingungen und es ist praktisch unmöglich aus den Betriebsdaten der Anlage kontrollieren zu können, ob tatsächlich die versprochene Leistung installiert wurde.

Strahlungsfuehler des Photovoltaik Kennlinienmessgeraetes
Hier setzt die im Rahmen der Anlageninspektion durchgeführte Kennlinienmessung an. Mit einem Einstrahlungsfühler wird die Einstrahlung gemessen und zwar mit einem Referenzsensor, der exakt die gleiche Ausrichtung wie die zu vermessenden Solarmodule hat (siehe Bild 1). Außerdem wird vor und nach der Messung die Temperatur der Solarmodule erfasst. Das Kennlinienmessgerät sollte für die Messung der Einstrahlung die gleiche Zelltechnologie verwenden, wie die der zu messenden Anlage, so dass auch die spektrale Empfindlichkeit des jeweiligen Solarmodultyps berücksichtigt wird. Nun werden zeitgleich zur Einstrahlungsmessung an jedem Solarmodulstrang die oben beschriebenen Werte Leerlaufspannung, Mpp Spannung, Kurzschlusstrom, MPP Strom und die Wp-Leistung bestimmt. Diese Werte bezeichnet man als Rohdaten, die man auf dem Messprotokoll einer Kennlinienmessung sehen kann (siehe Bild 2).

Messprotokoll Photovoltaik Kennlinienmessung die Rohdaten

Zusätzlich zu den Datenblattangaben wird hier noch der sogenannte Füllfaktor berechnet. Der Füllfaktor wird in der Solarzellenherstellung als Qualitätsmaßstab heran gezogen und repräsentiert das Verhältnis: U0*Isc/Umpp*Impp. Je höher dieser Wert ist, desto höher ist die Qualität der Zellen.

Mit Hilfe dieser elektrischen Rohdaten, der Einstrahlung und der Temperatur kann man nun eine Umrechnung auf die Standard Testbedingungen (STC) durch führen. Im Beispiel oben wurde eine Einstrahlung von 739W/m² und eine Modultemperatur von 40,9°C gemessen. Die STC Einstrahlung beträgt jedoch 1000W/m² und die STC Temperatur beträgt 25°C. Das Ergebnis dieser Umrechnung wird im Messprotokoll mit dem Anhang STC ausgegeben. Es handelt sich hierbei also um die Messwerte, die man erhalten hätte, wenn man bei STC Bedingungen gemessen hätte (siehe Bild 3).

Messprotokoll Photovoltaik Kennlinienmessung die auf STC umgerechneten Messwerte
Diese auf STC umgerechneten Messwerte kann man dann zu guter Letzt mit den Daten aus dem Datenblatt des Modulherstellers vergleichen. Im Messprotokoll werden diese Daten mit dem Kürzel ‘Nom’ für Nominalwert gekennzeichnet. Wenn man diesen Vergleich anstellt, sollte man jedoch folgendes bedenken: Die Messung hat selbstverständlich nur eine begrenzte Genauigkeit. Diese kann (laut Hersteller des Messgerätes) mit +-5% angesetzt werden. Diese Genauigkeit ist zudem einstrahlungsabhängig. Das bedeutet dass die Messungenauigkeit zunimmt, je niedriger die solare Einstrahlung ist. Das ist ein Grund dafür, warum man mindestens eine Einstrahlung von 500W/m² haben sollte. Die entsprechende DIN Norm schreibt sogar eine Einstrahlung von 800W/m² vor. Dies ist jedoch in der Praxis kaum umsetzbar, da so hohe Einstrahlungen auf Modulebene über’s Jahr gesehen nur sehr selten vorkommen und man dann gerade zufällig vor Ort sein müsste, um die Messungen durchzuführen.

Messprotokoll Photovoltaik Kennlinienmessung die Datenblattwerte

Außerdem sollte man bei einem Vergleich der ‘STC’ Werte mit den ‘NOM’ Werten bedenken, dass die Module eine Leistungstoleranz haben (z.B. +-3%) und dass in den Bestimmungen der Leistungsgarantie meist von einer Leistungsminderung von 1% pro Betriebsjahr ausgegangen wird.

Um zu einem späteren Zeitpunkt eine Vergleichsmessung durchführen zu können, enthält das Messprotokoll außerdem ein genaues Datum, die Uhrzeit, sowie eine Angabe über die exakte Bezeichnung des Modulstranges der gemessen wurde, sowie des Wechselrichters an den er angeschlossen ist.

Messprotokoll Photovoltaik Kennlinienmessung sonstige Angaben

Die Messprotokolle sollten zusammen mit der Anlagendokumentation gut aufbewahrt werden. Bei einer Wiederholungsmessung z.B. nach 5 Betriebsjahren kann dann problemlos fest gestellt werden ob es zu einer Leistungsminderung gekommen ist und wie stark diese ist.

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