Blitzfangstangen vor Solarmodulen

Sehr häufig treffe ich auf Solarstromanlagen, die in bester Absicht des Blitzschutzbauers, von Blitzfangstangen “umstellt” wurden. Die dahinter stehende Absicht ist, die Solarstromanlage in den Schutzbereich des äußeren Blitzschutzes eines Gebäudes zu bringen.  Das mag in Bezug auf den Blitzschutz eine gute Lösung sein, für die Solarmodule stellen die schmalen Schatten der Fangstangen, die nur einen kleinen Teil der Zellfläche bedecken eine große Belastung dar. Warum das so ist, erfährt man in dem hier vorgestellten Video, das sich vor allem an Fachpublikum wendet.

In dem Video wird ausführlich der interne Aufbau kristalliner Solarmodule beschrieben und wie genau der Mechanismus funktioniert, der bei teilverschatteten Solarmodulen zur Aktivierung der Bypassdioden führt. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Tatsache gelegt, dass es durchaus einen Unterschied ausmacht, ob auf einem Solarmodul einzelne Zellen vollflächig verschattet wurden oder ob die Zellen selbst nur zum Teil von einem harten Schlagschatten bedeckt sind. In letzterem wird nämlich eine große Verlustleistung in einzelnen Zellen umgesetzt, die so zu erheblichen Temperaturerhöhungen an diesen Zellen führen kann. Diese extreme thermische Belastung einzelner Zellen ist für eine lange Lebensdauer der Module nicht zuträglich und sollte daher wenn möglich unbedingt vermieden werden. Es besteht in den meisten Fällen die Möglichkeit ganz auf Blitzfangstangen zu verzichten oder diese zumindest nördlich der Solarmodule zu positionieren, so dass die Schatten nicht mehr oder nur noch in den frühen Morgen- oder den späten Abendstunden auf die Module treffen. Ich möchte an dieser Stelle noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Blitzschutz auf bestimmten Gebäuden natürlich unverzichtbar ist und dass es auch immer eine Lösung gibt, die sowohl den Erfordernissen des Blitzschutzes, als auch denen der Photovoltaik gerecht wird. Dafür ist allerdings eine frühzeitige Abstimmung zwischen dem Blitzschutzplaner und dem Photovoltaikplaner notwendig. Diese findet in der Praxis allerdings oft nicht oder zu spät statt, so dass es Vielerorts zu unbefriedigenden Lösungen kommt.  Weiterführende Informationen zum Thema Blitzschutz und Photovoltaikanlagen findet man in unserem Blog.

Die im Video erläuterte thermische Belastung für Solarmodule durch schmale Schattenobjekte, die eine Solarzelle nicht vollflächig beschatten, entsteht übrigens in gleicher Weise durch  Vermoosung, schmale Pflanzen und Gräser direkt vor den Modulen (wie z.B. bei nicht regelmäßig durchgeführter Grünpflege bei Grasdächern oder Freilandanlagen), Vogelkot oder direkt angrenzenden Lüfterrohren . Grundsätzlich gilt: Je näher ein Schattenobjekt vor oder neben dem Modul ist, umso problematischer.

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Blitzfangstangen und Solarmodule

Kommentare

  1. Blitzfangstangen vor oder hinter Solarmodule können bei zu geringen Abstand von Modulen oder Solarleitungen durch induzierte Überspannungen
    1. den Wechselrichter beschädigen, weil der eingebaute Überspannungsschutz nicht ausreicht,

    2. über Messleitungen angeschlossene Elektronik zerstören,

    3. die benachbarten Module schädigen, dass sie sofort oder innerhalb der nächsten beiden Jahre infolge der Vorschädigung ausfallen.

  2. Hallo Herr Diehl,

    auch wenn dieser Beitrag bereits fast zehn Jahre alt ist, zunächst vielen herzlichen Dank für Ihre tolle und leicht verständliche Erklärung. Leider gibt es von sowas in Internet viel zu wenig oder nur schwer bis gar nicht auffindbar.
    Einen Teilaspekt verstehe ich aber leider nicht ganz.
    Was hat die Höhe der Verlustleistung über der (teil-)verschatteten Zelle im Teilstring mit dem Grad ihrer Verschattung zu tun? Ist die Höhe der Durchbruchspannung einer Zelle denn abhängig von ihrer Bestrahlungsintensität? Dann wäre mein Verständnis hier bereits wieder vorhanden.

    Entweder sie bricht durch, wenn der Wechselrichter einen Arbeitspunkt mit niedrigerer Spannung anfährt (Strom dann über Bypass-Diode) oder halt eben nicht.
    Wenn die Zelle dann durchbricht, tut sie das je nach Einstrahlung auf die verbleibenden Zellen im Teilstring mit mehr oder weniger Strom/Leistung, aber doch unabhängig vom Grad ihrer eigenen Verschattung(?)
    Hieße auch, dass wenn die Durchbruchspannung genügend hoch bzw. die Summenspannung der unverschatteten Zellen im Teilstring genügen gering ist, dass die Zelle nicht durchbricht und es zu dem Phänomen der Hotspots erst gar nicht kommt.
    Hieße ebenfalls, dass die Hotspots auch nur dann entstehen, wenn mindestens ein weiterer „Defekt“ vorliegt, z.B. eine zu geringe Durchbruchspannung der (teil-)verschatteten Zelle.
    Wo liegt hier ggf. mein Denkfehler?

    Viele Grüße
    Oliver Vogel

    1. Was hat die Höhe der Verlustleistung über der (teil-)verschatteten Zelle im Teilstring mit dem Grad ihrer Verschattung zu tun?
      Es findet eine Leistungsverschiebung von den unbeschatteten zur beschatteten Zelle statt. Wenn die unbeschatteten Zellen in der Nähe der Leerlaufspannung betrieben werden (bei starker Verschattung) ist diese Leistungsverschiebung nur sehr gering. Wenn die unbeschatteten Zellen aber zufällig im MPP betrieben werden, findet eine maximale Leistungsverschiebung und damit auch eine maximale Erwärmung der verschatteten Zelle statt. Die Zellen brechen bei diesem Vorgang typischerweise nicht durch, da die Durchbruchspannung einer einzelnen Zelle normalerweise höher ist als die Summer der Leerlaufspannungen aller unbeschatteten Zellen im Substring.

      1. Hallo Herr Diehl,
        Bitte verzeihen Sie meine späte Rückmeldung.
        Herzlichen Dank für Ihre Erklärung.
        Ja, das habe ich verstanden, denke ich zumindest. Dies wirft jedoch dann einige neue Fragen auf (reine Neugier):
        Bei halbwegs aktuellen und recht leistungsfähigen Modulen, könnten also im temporär ungünstigsten Fall schnell mal Größenordnung 100W über einer solchen Zelle abfallen. Es grenzt für mich an ein Wunder, dass die das überhaupt so lange mitmacht.
        Die Wahrscheinlichkeit, dass ein MPP-Tracker diesen „besseren“ Arbeitspunkt findet steigt also dann mit der Stringlänge. Je länger der String, desto eher fällt ein auch nur leichter Stromzuwachs ins Gewicht, weil der Spannungsverlust durch „Ausblenden“ des teilverschatteten Substrings durch die hohe Gesamtspannung entsprechend überkompensiert wird. (?)
        Wie verhält es sich denn dann bei Halbzellenmodulen? Verstehe ich richtig, dass die für den MPP-Tracker bei gleicher Teilverschattung etwas weniger „auffällig“ sind, da der Stromverlust durch eine leichte Verschattung zunächst „nur“ mit 50% zu Buche schlägt?
        Wenn der Substring dann doch über die Bypass-Diode „ausgeblendet“ wird, entsteht eine insgesamt halb so große Verlustleistung auf einer halb so großen Zelle, die aber Ihre Wärme vielleicht etwas (wenig) besser abgeben kann, da sie einen zur Fläche relativ größeren Umfang besitzt. (?)
        Der dann ebenfalls „kurzgeschlossene“ Parallelsubstring in der zweiten Modulhälfte (komplett unverschattet) verhält sich dann wie? Wenn der (sehr leicht) positive Temperaturkoeffizient für den Strom genügend groß ist, könnte dieser wohlmöglich die Zelltoleranzen kompensieren und somit dafür sorgen, dass sich die Verlustleistung gleichmäßig auf die Halbzellen im Substring verteilt. (?)
        Darf ich mir das so herleiten? Dann wäre meine (theoretische) PV-Welt wieder in Ordnung.
        Herzlichen Dank.

        Viele Grüße
        Oliver Vogel

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