Preistreiber EEG-Paradoxon

Die Scheuklappenpolitik der Bundesregierung

Im Oktober 2013 wurde eine Analyse des Öko-Instituts veröffentlicht, die anschaulich zeigt, was die EEG-Umlage 2014 tatsächlich in die Höhe getrieben hat. Sehr erhellend ist hierbei S.13

http://www.oeko.de/oekodoc/1825/2013-495-de.pdf

 

1oeko-institut-steigerung-eeg-umlage-2014

Die prozentualen Beiträge der einzelnen Faktoren zum Kostenanstieg der EEG-Umlage 2014 sind:

1. EEG-Paradoxon/Börsenpreis (37%) -> Folge der AusglMechV (2009 beschlossen)
2. Offshore Zubau (20%)
3. Industrieausnahmen (15%)

Eine kleinere Rolle spielen:

4. Wind Onshore (12%)
5. PV (8%)
6. Biomasse (6%)

Der größte Preistreiber war somit der sinkende Börsenpreis, bzw. das EEG-Paradoxon. Das EEG-Paradoxon, das mit der neuen Berechnungsmethode der AusglMechV im Juli 2009 beschlossen wurde, führte auch in den vergangenen Jahren zu einer regelrechten Explosion der EEG-Umlage, was in der nachfolgenden Grafik besonders deutlich wird.

2Auszahlung versus EEG-Umlage-Grafik Eva_1

Die Zahlen der Förderung der Anlagenbetreiber sind die Originalzahlen des EEG-Kontos www.netztransparenz.de. Sie enthalten die umlagefinanzierten EEG-Förderkosten für alle Erneuerbaren Energieträger inkl. Marktprämie, Managementprämie als auch Flexibilitätsprämie für Biomasseanlagen.

2000 – 2009: EEG-Umlage entwickelte sich analog der reinen Förderkosten

Bis 2009 gab es noch den alten Wälzungsmechanismus, die EEG-Umlage stieg analog den EEG-Auszahlungen an die Anlagenbetreiber.

Die EEG-Strommenge der Anlagenbetreiber wurde vom lokalen Energieversorgungsunternehmen (EVU), also z.B. dem örtlichen Stadtwerk oder Regionalversorger physisch an die Verteilnetzbetreiber (VNB) und Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) weitergeleitet. Die Übertragungsnetzbetreiber glichen die aufgenommenen EEG-Strommengen und die dafür ausgezahlten Mindestvergütungen untereinander aus. Die volatilen EEG-Strommengen wurden in eine fiktive “Bandlieferung” umgewandelt und physisch wieder zurück an die Stromversorger zurückgeleitet. Diese waren verpflichtet, den EEG-Strom anteilig abzunehmen und zu vergüten. Der Absatz der gesamten EEG-Strommenge war garantiert. Jährlich wurde festgelegt, wie groß der Pflichtanteil EEG-Strom am gesamten Stromabsatz der Energieversorgungsunternehmen war und zu welcher bundesweit einheitlichen Pflichtvergütung diese abgenommen wurden.

http://www.netztransparenz.de/de/file/2009_EEG-Jahresabrechnung.pdf

Die Berechnung der EEG-Umlage erfolgte durch die Letztversorger (Stadtwerke, Regionalversorger). Wie diese zuvor berechnet wurde, ist hier auf S. 5 einer Studie für das Bundesumweltministerium beschrieben.

Von der EEG-Umlage ausgenommen waren nur wenige energieintensive Betriebe. Die Entwicklung der EEG-Umlage entsprach in ihrem Verlauf bis 2009 der Entwicklung der tatsächlichen EEG-Kosten und stieg nur moderat gemäß des Zubaus.

Die bisherige Absatz- und Preisgarantie für EEG-Strom verhinderte der konventionellen Stromwirtschaft den Zugriff auf einen immer größer werdenden Anteil der Stromerzeugung. 2009 gab es im Strommix bereits ca. 17% Erneuerbare Energien. Das bedeutete, daß 17 Prozent des Stromabsatzes außerhalb des liberalisierten Strommarktes an die Letztverbraucher bereitgestellt wurden. Die Stromwirtschaft wollte die neue Konkurrenz ausbremsen, ihren Verwaltungsaufwand verringern und sich neue Geschäftsbereiche erschließen.

Laut Energie-Chronisten Udo Leuschner, der seit 1991 detailliert und kenntnisreich alle Vorgänge rund um Energie und Energiepolitik protokolliert, drängten die beiden Lobbyverbände BDEW (S.12 ff)und BNE damals vehement auf eine “Reform” des Ausgleichmechanismus, die für sie sowohl die neuen Konkurrenten, als auch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand beseitigen und zugleich eine profitable Vermarktung des EEG-Stroms ermöglichen sollte.
(Hinweis Redaktion: Da der Ursprungslink zum BDEW Vortrag mittlerweile ein Totlink ist, wurde das im Jahr 2010 aufgerufene und lokal gespeicherte pdf-Dokument von uns hochgeladen).

Der Lobbyverband BNE begründete die Notwendigkeit einer Reform u.a. damit, dass dadurch der Stromverbraucher entlastet würde. Was aus heutiger Sicht allenfalls noch als absurder Treppenwitz der Geschichte bezeichnet werden kann!

Im März 2009 stellte die damals oppositionelle FDP eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zur “Novelllierung des EEG-Wälzungsmechanismus”, wodurch das Thema in den parlamentarischen Prozess kam. Bereits im Mai 2009 legte die damalige große Koalition die “Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus des EEG” vor. Am 2. Juli 2009, wenige Tage vor der Sommerpause stimmte auch der Bundestag dem Verordnungsentwurf zu. Eine Diskussion fand nicht statt. Die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses wurde vom Parlament im Schnellverfahren mit den Stimmen der großen Koalition, sowie der oppositionellen FDP abgenickt (die FDP ist die Partei, die neben CDU/CSU eine besonders große Nähe zur atomar-fossilen Energiewirtschaft pflegt und bereits im Jahr 2001 die Abschaffung des EEG forderte)

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium lautete es, die mit der Neuregelung verbundenen Einsparungen beliefen sich angeblich auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Dieser Betrag sollte nun nach dem Willen von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) an die Verbraucher weitergeben werden.

Das komplette Gegenteil dessen ist eingetreten – die EEG-Umlage explodiert und der Verbraucher wurde zur Melkkuh – während zugleich ein paradiesischer Schnäppchenmarkt und Selbstbedienungsladen für Großindustrie und konv. Energiewirtschaft eingerichtet wurde! Zeitgleich wurde die Photovoltaik zum alleinigen Sündenbock erklärt, obwohl die Förderkosten für die Anlagenbetreiber durch Zubau neuer Anlagen bei weitem nicht so stark zunahmen und bereits stagnieren. Tatsächliche Ursache war der neue Wälzungsmechanismus. 

Konkret hat sich die EEG-Umlage seit 2009 bis 2014 verfünffacht, während sich die umlagefinanzierten, reinen Förderkosten der Anlagenbetreiber im gleichen Zeitraum trotz zeitweise starken Solarbooms nicht ganz verdoppelt haben.

Ab 2010 rast die EEG-Umlage in den Himmel, obwohl die Förderkosten nur langsam wachsen

Die Folgen dieses Beschlusses waren fatal für den Verbraucher, wurden aber in der Öffentlichkeit bis zum heutigen Tag überhaupt nicht wahrgenommen oder diskutiert. Lediglich Professor Jarras warnte bereits Oktober 2009 vor einer stark steigenden EEG-Umlage: „Neuer EEG-Ausgleichsmechanismus kann den Ausbau der Erneuerbaren Energien gefährden! Inwieweit und in welchen Mengen EEG-Strom tatsächlich auch verbraucht wird, ist nicht mehr zwingend und detailliert gesetzlich vorgegeben, sondern hängt zukünftig von Entscheidungen der Energieversorgungsunternehmen, von Gesetzesauslegungen und von Börsenpreisentwicklungen ab.“(Energiewirtschaftliche Tagesfragen, Heft 10, 2009)

Der Sprung ab 2009 ist deutlich. Die EEG-Umlage ist von 2009 zu 2010 um 75 Prozent gestiegen (je nach Letztlieferanten, da 2009 noch individuell ermittelt), es wurde für die EEG-Umlage 2010 erstmals die neue Berechnungsmethode durchgeführt. Angelastet wurde die Steigerung ausschließlich den Ökostromsubventionen, was absurd ist, da sich die Förderkosten von 2009 auf 2010 durch Zubau neuer EE-Anlagen trotz starken Booms real gerade mal um 22% gesteigert hatten! “Ökostrom-Subventionen lässt Strompreis explodieren blieb dennoch trotz der leichten Widerlegbarkeit ab diesem Zeitpunkt die Dauerschlagzeile über Jahre. Einer schrieb vom anderen ab. Wenn so viele das Gleiche schreiben und sagen, wird es in einer öffentlichen Debatte automatisch zur vermeintlichen “Wahrheit” in Leitartikeln, Kommentaren, Talkshows, Bundestag, Regierungserklärungen und Stammtischen.

Von 2010 zu 2011 stieg die EEG-Umlage nochmals um etwas mehr als 70 Prozent und auch die darauffolgenden Jahre weiterhin kräftig – trotz langsameren Zuwachses der Förderkosten für die Anlagenbetreiber aufgrund der vielen durch den Anstieg der EEG-Umlage begründeten Kürzungsrunden.

Mit der AusglMechV wurde der niedrige Spotmarktpreis der Strombörse als Rechenbasis zur Berechnung der EEG-Umlage vorgegeben und Erneuerbare verpflichtet, vollständig am Spotmarkt verkauft werden zu müssen. Erneuerbare Energien, die naturgemäß keine Brennstoff- und keine CO2-Kosten haben, müssen vollständig und im Vergleich zum gesamten Strommarkt in überproportionaler Menge an einem System der konventionellen Energiewirtschaft verkauft werden, das sich ausgerechnet an Brennstoffkosten und CO2-Kosten orientiert! Erneuerbare Energien wurden durch diese Änderung automatisch wertlos und müssen seitdem per Dekret verramscht werden. Damit wurde ab EEG-Umlage 2010 ein Refinanzierungsinstrument für die eigentlichen EEG-Ausgaben geschaffen, das von vornherein überhaupt nicht funktionieren KANN! Die entstehende und durch den Merit-Order-Effekt, bzw. sinkenden Börsenpreis immer größer werdende Deckungslücke muss in Form der EEG-Umlage ausgeglichen werden. Je mehr Erneuerbare Energien hinzukommen, umso stärker sinkt (bei gleichbleibenden Brennstoffkosten und gleichbleibenden CO2-Preisen) der Börsenpreis, umso stärker steigt die EEG-Umlage = EEG-Paradoxon. Selbst dann, wenn die Förderkosten gar nicht mehr zunehmen würden. Durch die Überschüsse an CO2-Zertifikaten im Emissionshandel, die zu niedrigsten CO2-Preisen führen oder gesunkene Brennstoffpreise erst recht. Seit Umsetzung dieses Verfahrens steigt die EEG-Umlage stark, obwohl die eigentlichen EEG-Förderkosten (Summe der Vergütungen + Markt/Management/Flexprämie an Anlagenbetreiber) nur noch schwach anstiegen (s. Grafik oben).

Der Anstieg der EEG-Umlage wurde nochmals zusätzlich angetrieben durch die Ausweitung der Industrieprivilegien. Die starke Steigerung der EEG-Umlage wurde jedoch unüberprüft und ohne Nachrecherche von den Medien ausschließlich den Förderkosten als “maßlose Übersubventionierung” angelastet.

Die EEG-Umlage ist ein rein prognostischer Wert, den die Übertragungsnetzbetreiber bis zum 15. Oktober des vorhergehenden Kalenderjahres zu errechnen und bekanntzugeben haben. Man weiß also bei der Festsetzung der EEG-Umlage nicht genau, wie hoch die tatsächlichen Kosten sein werden. Hier können z.B. auch Fehlprognosen (wie kurz nach Fukushima, bzw. EEG-Umlage 2012) hohe Nachholeffekte für die Umlage des darauffolgenden Jahres bewirken.

Das Tabuthema Wälzungsmechanismus – ignoriert von Politik und Medien

Wie reagiert die Politik auf den größten Kostentreiber der EEG-Umlage 2014, das EEG-Paradoxon? GAR NICHT! Gabriel lässt die Vorschläge von Göppel (CSU) oder Fraktionskollegen Kelber, die beide eine Änderung des Wälzungsmechanismus fordern, völlig an sich abprallen. Obwohl der sinkende Börsenpreis z.Zt. mit Abstand der größte Kostentreiber ist, wird dieser Zusammenhang von ihm schlicht ignoriert! Der zweitgrößte Kostentreiber Offshore wird mit Samthandschuhen angefasst und im Gegenteil massiv gepusht. Was an den Eigentumsverhältnissen liegt (Banken, Versicherungen, Energiekonzerne aus D und international). Dem drittgrößten Kostentreiber, der Ausweitung der Industrieprivilegien wurde nochmal Vorschub geleistet, indem das BAFA trotz des laufenden Beihilfeverfahrens, in dem die EU-Kommission die Rechtmäßigkeit der Entlastung für energieintensive Unternehmen bei der EEG-Umlage prüft, weitere Unternehmen befreit hat. Wie zukünftig mit den Industrie-Privilegien umgegangen werden soll, lässt der Referentenentwurf noch offen.

Während die drei größten Kostentreiber entweder vollständig oder größtenteils unberührt bleiben, wird – durch eine strategische PR-Kampagne der Lobbyorganisation der dtsch. Wirtschaft INSM (= Initiative neue soziale Marktwirtschaft) forciert – durch die EEG-Novelle 2014 maßgeblich Änderungen vorgenommen, die auf die weitere Entwicklung der EEG-Umlage kaum Einfluss haben, den weiteren Zubau der dezentralen Erneuerbaren der Bürger aber sehr stark gefährden und ausbremsen. Insbesondere der demokratischsten Form der Energiewende – den Energiegenossenschaften – wird die Geschäftsgrundlage entzogen, wie auch der energieblogger energiezukunft in seinem Artikel beschrieben hat:

“Da ist zum einen die Idee einer verpflichtenden Direktvermarktung zum 1. Januar 2017 von Strom ab 100 Kilowatt, die in den fast immer ehrenamtlich geleiteten Energiegenossenschaften zu deutlich mehr Bürokratie führen würde. Zum anderen sollen die Gemeinschaftsunternehmen zukünftig ihren selbst erzeugten Strom vor Ort ohne Nutzung des öffentlichen Stromnetzes nur mit vollem EEG-Umlage-Aufschlag direkt liefern dürfen. „Diese Diskussionen haben bundesweit bei gründungswilligen Bürgern zu großen Verunsicherungen geführt. Bestehende Energiegenossenschaften stellen ihre Projekte zurück und nehmen immer öfter keine neuen Mitglieder auf“, so Ott weiter.”

Eine Eigenverbrauchsabgabe, wie im Eckpunktepapier vorgeschlagen (im Referentenentwurf wurde dieser Punkt nicht konkretisiert) brächte laut Verbraucherschützer Krawinkel – bekanntermassen sonst eher EEG-Kritiker- eine Ersparnis von überragenden 75 cent im Jahr für den Durchschnittshaushalt. Gleichzeitig entzieht es der Photovoltaikbranche, aber vor allem den vielen (sich überall neu gegründeten) Energiegenossenschaften und deren Mieterstromprojekte auch noch das letzte verbliebene Geschäftsmodell für eine Demokratisierung der Energiewirtschaft.

Prof. Quaschning hat seine Analyse zu den Vorschlägen der Bundesregierung treffend formuliert:

” …….. Das zeigt deutlich, dass die Regierung nicht wirklich an einer Entlastung der Stromkunden interessiert ist. Es geht viel mehr darum, die Atom- und Kohlekraftwerke der großen Energiekonzerne gegen die regenerative Konkurrenz zu schützen. Dafür ist inzwischen auch jede noch so absurde Maßnahme recht …..”

Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Hölder,herzlichen Dank für Ihre Informationen und Anregungen. Ich werde mich damit noch eingehender befassen. Geht Ihr Vorschlag in die gleiche Richtung wie die Echtzeitwälzung, wie sie von IZES oder energy brainpool vorgeschlagen wird?www.bee-ev.de/_downloads/imDialog/Plattform-Systemtransformation/20131209_BEE-PST_Dialogkonferenz-III_Hauser_Lenck.pdf

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