Kann ein beglaubigter Drehstromzähler falsch zählen?

Diese Frage bekam ich kürzlich von einem Kunden bestellt und habe sie mit einem vorsichtigen “im Prinzip nein beantwortet”. Die Zähler, die zu Abrechnungszwecken von Messstellenbetreibern eingesetzt werden, müssen vor ihrem Einsatz geprüft und geeicht werden. Es sollte also im Normalfall sichergestellt sein, dass der Zähler korrekt zählt. Nachdem mir der Kunde glaubhaft versichert hatte, dass es bei ihm offenbar nicht der Fall war, habe ich mir die Sache persönlich angesehen und kam schließlich zum gleichen Ergebnis. Da ich so einen Fall auch zum ersten Mal erlebt hatte, möchte ich hier mal kurz darüber berichten.

In der Anlage waren zwei einphasig einspeisende Wechselrichter eingebaut. Die Einspeisung war korrekt auf zwei Phasen (L1 und L2) aufgeteilt. Beide Geräte liefen einwandfrei und zeigten auch die jeweiligen Leistungen am Display an. Die kWh beider Geräte wurden ebenfalls angezeigt und lieferten plausible Werte in kWh/kWp. Die spezifischen Erträge waren zwar nicht exakt gleich, der Unterschied konnte allerdings durch eine Teilverschattung des einen Teilgenerators erklärt werden. Eine Messung der einzelnen Modulstränge (Leerlauf, Kurzschluss und Isolationswiderstand) ergab keinerlei Auffälligkeiten.

Das Bild zeigt den Ausgangsstrom eines SMA Wechselrichters. Strom und Spannung sind in Phase

Der Zählerstand des Ferraris Drehstromzählers, der zur Abrechnung als Erzeugungszähler eingebaut wurde lag nur etwa 3,5% über dem Ertragswert, der am Display des einen Wechselrichters abgelesen werden konnte. Es fehlte nahezu die vollständige Einspeisung des zweiten Wechselrichters. Eine Simulation des Anlagenertrages für den betrachteten Standort ergab, dass die Werte auf den Wechselrichterdisplays deutlich näher am Simulationsergebnis lagen, als der vom Drehstromzähler erfasste Ertrag. Ich habe danach zunächst geprüft, ob am Zähler überhaupt die Ströme beider Wechselrichter ankommen und ob es sich auch wirklich um eine Wirkleistung handelt.  Dies war in beiden Einspeisephasen der Fall. Es konnte sich also definitiv nur noch um ein Problem des Zählers handeln. Dann wurden die beiden Wechselrichter nacheinander abgeschaltet, um zu prüfen ob möglicherweise eine Phase nicht korrekt gezählt wurde und genau das brachte die Lösung. Der Zähler zählte die Phase L1 nicht, obwohl der Wechselrichter einwandfrei über diese Phase einspeiste.  Der anschließend hinzugezogene Mitarbeiter des zuständigen Netzbetreibers entfernte die Plombierung am Zähler, öffnete die Abdeckung der Zählersteckklemme und förderte die Ursache für das Problem zu Tage.

Ferraris Drehstromzaehler

Um zu verstehen was passiert war, muss man wissen wie ein Drehstromzähler funktioniert. Über die Zähler fließt ein Strom, und der Zähler misst gleichzeitig die dazugehörige Spannung. Beide Pfade, Strom und Spannungspfad können jedoch voneinander getrennt werden, wenn man den Zähler zum Beispiel für eine Wandlermessung einsetzen möchte. Dann wird der Zähler nicht mehr durch den Strom selbst, sondern von einem kleineren, proportionalen Abbild des Stromes durchflossen. Im Normalfall, wenn also keine Wandlermessung gemacht wird müssen die drei Spannungspfade mit einer Lasche mit dem Strompfad verbunden sein. Diese Laschen werden bei der Inbetriebnahme nochmal festgezogen, bevor anschließend das Anlaufen des Zählers auf allen drei Phasen mit einer künstlichen Last getestet wird. Dies schien im vorliegenden Fall nur für die Phasen 2 und 3 erfolgt zu sein. In Phase 1 war die Lasche nicht fest verschraubt und der Zähler wurde zwar vom Strom durchflossen, hatte aber auf Phase L1 keine Spannung anliegen. Da die Leistung das Produkt aus Strom und Spannung ist, war in Folge auch die Leistung Null und damit auch die über die Zeit aufintegrierte elektrische Arbeit in kWh. Der Netzbetreiber musste daher einräumen, dass der Zähler in der Tat falsch gezählt hatte und sicherte eine unbürokratische Nachvergütung der entgangenen kWh an. Das darf normalerweise natürlich nicht passieren und kommt in der Praxis wohl auch nur sehr selten vor. Ich persönlich hatte so einen Fall bisher auch noch nicht erlebt. Aber einmal ist eben immer das erste Mal…

Kommentare

  1. Hallo
    Habe ebenfalls ein Problem mit dem Zähler. Der Wechselrichter läuft jetzt seit 2009.
    Ein Kostal Piko 10.1 Seit ein 3/4 Jahr stimmen die Werte gegenüber dem Wechselrichter nicht mehr. Im Display des Wechselrichters passen allerdings die Werte wie zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme.
    Zb. Im Sommer bei sehr gutem Wetter ein Ertrag von ca. 65 – 70 Kw am Tag. Im Zähler zeigt er aber ca. 98 KW an, und der Verbrauch des Wechselrichters in einem Jahr ca. 340 KW
    Die 5 Jahre zuvor waren es ganze 2.5 KW
    Ein Monteur von Weser Netz meinte der Wechselrichter sei zu laut und damit defekt.
    Ein anderer Monteur der den Wechselrichter durchdemessen hat sagt der Zähler ist defekt

    1. Ein Eigenverbrauch des Wechselrichters von 340kWh pro Jahr ist definitiv zu viel. Da hilft nur eine sorgfältige Messung des Eigenverbrauchs am Wechselrichter. Schaltet denn der Wechselrichter am Abend ordnungsgemäß ab und trennt sich vom Netz ?
      Gruß Matthias Diehl

  2. Sehr gute Erklärung.

    Hallo, mein Problem ist völlig anders. Die PV arbeitet seit 2008 mit einer theor. Leistung von 4,01 Kw/P und hat aber bishereine Differenz von ca. 7.000 kw/h erzeugt.

    Das heißt 7.000 kw/h zuviel am Zähler als aus dem Wechselrichter.
    Nu ist der Zähler getauscht worden aber nachts dreht der Zähler weiter und zeigt morgens ca. 2 kw/h mehr an als zum Zeitpunkt wo sich der WR abgeschaltet hat.

    Was kann das sein?

    Glück Auf aussem Pott

    Thomas Fengler

    1. Das Zähler und Wechselrichter unterschiedlich zählen ist keine Seltenheit, da beide Messungen natürlich nur mit einer begrenzten Genauigkeit stattfinden. Dass es gleich 7000 kWh Differenz sind, kommt mir allerdings zu viel vor. Dass Wechselrichter nachts ein wenig Eigenverbrauch haben ist auch normal. Das sollten aber nicht mehr als 20Wh pro Wechselrichter und Nacht sein. Dass der Zähler vorwärts weiter läuft und 2 kWh “erzeugt” werden, ist eigentlich nicht möglich. Das klingt nach Magie 😉
      Gruß Matthias Diehl

  3. Hallo,

    jetzt bin ich vollständig baff.

    Der neu eingebaute Zähler von Westnetz zeigt im Tagesverlauf bis zu 4Kwh mehr an, als der WR.
    Außerdem brummt der Zähler sogar, wenn ich die Sicherungen rausschalte.

    Hier is doch irgendwie der Wurm drin??????

    Glück Auf aussen Pott. 🙁

  4. Ich habe ein ganz anderes Problem: Nach dem Wechsel des physikalischen Erdkabelnetzes zählt der neue Zähler das 3 …. 6-fache, obwohl dieser als Messgerät neu war und somit geeicht. Am alten Netz hatte ich mit den Nutzungsgewohnheiten der vorhandenen Elelektrogeräte schon jahrelang bei täglicher Anwesenheit 1500kWh pro Jahr +/- 60kWh. Nun war ich aber seit 2010 Montagearbeiter und oft wochenlang nicht zu Hause. In 6 Monaten etwa hatte ich deshalb nur 279kWh Verbrauch.
    Unmittelbar nach Wechsel (Umklemmen auf das neue Netz) hatte ich die ersten 25 Tage gleich 265 kWh auf dem neuen Zähler! Als Montagearbeiter war ich während der Woche nicht zu Hause. Nur ein Kühlschrank war angeschlossen und als ich wiederkam waren 90kWh verbraucht! War ich 4 Wochen nicht zu Hause und absolut kein Gerät angeschlossen, waren 800kWh verbraucht! Plötzlich hatte ich pro Jahr 4.000 kWh Verbrauch! Mit was bloß?! Einzeln stehendes Haus (Flachbau). Einige Kabel sind unter den Betondielen verlegt zu den Räumen.
    Stehe ich vor dem Zähler und habe kein Gerät dran, steht die Zählerscheibe.
    Habe ich den Durchlauferhitzer genutzt und geduscht, waren 1,8 kWh verbraucht. Das war in Ordnung. Bei anderen Geräten, die ich kontrolliert laufen ließ war es ebenso.
    Es stimmte alles. Schaute ich abends auf den Zählerstand vor dem Schlafengehen waren am nächsten Morgen 17 kWh verbraucht und ich hatte nichts eingeschaltet über Nacht! Aber das ist nicht jede Nacht so, dass plötzlich so viel Strom verbraucht wurde.
    Aber auffallend ist, dass es eher passiert, wenn ich nicht kontrolliere. Habe ich drei Tage nicht geschaut, konnten 25kWh verbraucht sein.
    So war ich im Zeitraum von 07.12.2011 bis 29.12.2015 anhand meiner Zeiterfassung auf Montage nur 105 Tage zu Hause. Bei Montagetätigkeit ist jeder Arbeitstag hunderte km von zu Hause entfernt selbstverständlich unvereinbar mit der Behauptung, anwesend gewesen zu sein. Trotzdem stand der Zähler, der mit Ausgangsstellung 8kWh am 07.12.2011 in Betrieb ging am 29.12.2015 auf 10.980kWh !!! Das war vor dem Netzwechsel niemals so hoch! Damals hatte ich von Mai bis Dezember 279kWh Verbrauch und das war normal! Seit dem 29.12.2015 habe ich einen zweiten Drehstromzähler in Reihe geschaltet, um einen Defekt des ersten Zählers auszuschließen. Er zählt nur etwa 1℅ mehr als der Hauptzähker Also unwahrscheinlich, dass es am Zähler selbst liegt.
    Aber warum der exorbitante Stromverbrauch nach physikalischem Netzwechsel?
    Und warum sporadisch?

    Ich habe oben gelesen, wenn Jemand eine Photovoltaik-Anlage hat und eine Zählerlasche ist nicht richtig fest, dass die Einspeisung nicht gezählt wird.

    Nun stellt sich aber die Frage, ob durch irgendeine falsche Verschaltung, die durch einen Wackelkontakt mal wirksam wird und mal nicht dieser exorbitant hohe Verbrauch zustande kommen konnte, als würde der Strom mehrfach durch den Zähler gehen.
    Aber dann auch so wirksam auf einen sekundären Zähler?
    Oder Oberwellen im Netz, dass diese eine höhere Netzfrequenz überlagern und dadurch die Wirksamkeit der Spulen in den Zählern sich erhöht?
    Was ist, wenn durch den Zähler nur Halbwellen gehen, wenn z.B. ein Gerät wie der Durchlauferhitzer durch Zwischenschalten von Leistungsdioden in der Heizleistung gedrosselt wird und hat aber keinen Nullleiter, sondern ist an 3 Phasen, aber davon werden eine oder zwei über Dioden gedrosselt?
    Aber warum auch Verbrauch, wenn nichs angeschlossen ist und beim.Kontrollieren steht der Zähler und über Nacht oder bei Abwesenbeit zählt er plötzlich irgend Etwas?

    1. Sehr geehrter Herr Grob,
      ich bitte Sie zu berücksichtigen, dass die Beantwortung umfangreicher individueller Probleme im Rahmen unseres Blogs nicht möglich ist. Hier werden nur Fragen beantwortet, die auch für andere Leser von Interesse sein könnten.
      Ich bitte um Ihr Verständnis
      Gruß Matthias Diehl

  5. Hallo, tolle Seite , schön das es solche vollblut Techniker gibt. Ich mußte schon lachen als Sie schrieben das so was selten ist.
    Wer überprüft seine Zähler, es gibt Menschen die schon hunderte Euro Wasser nach Zahlen mußten weil ein überdruck Ventiel undicht war, u. in das Abwasser lief. Wer kann dann schon seinen Stromzähler ,, überprüfen,, lach. Da müsste man ja alles abschalten, ein 2 KW Ofen anschliessen u. nach eine Std. mal ablesen. lach

  6. Hallo,
    in unserer Straße wurden im Januar 2019 Kabelarbeiten durchgeführt – wir bekamen 2 – 3 mal eine Karte, um die Elektrogeräte auszuschalten. Den Zähler, der sich im Keller befindet, hat niemand überprüft. Bei der Ablesung im Mai 2019 hatte ich plötzlich einen niedrigeren Wert als 2018! Kann der Zähler durch diese Arbeiten beschädigt worden sein? Wer muss diesen Zähler überprüfen? Anmerken möchte ich noch, dass seit Jahren immer in etwa der gleiche Stromverbrauch gemeldet wurde. Danke für etwaige Meldungen, an wen ich mich da wenden kann (bitte nicht an den Stromanbieter, der prüft jetzt sämtliche Rechnungen – es ist einfach ein Witz).

    1. Der Messstellenbetreiber ist für die Genauigkeit der Messung zuständig. Der ist der richtige Ansprechpartner. Falls es mit diesem Probleme gibt würde ich es bei der Bundesnetzagentur als zuständiger Bundesbehörde versuchen.
      Gruß Matthias Diehl

      1. Idiesem Fall könntees sein, daß von Seiten des Anbieters oder seines Mitarbeiters (Ableser) der Zählerstand der Zählerstand verantwortungsvoll (z.B. beim Ausruhen in einer Gaststätte) geschätzt wurde. Ist so in unserem Unternehmen passiert. Des ist aber offiziell erst nach einem Jahr nach der nächsten Ablesung aufgeflogen.

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