Bypassdioden Check (Ergänzung)

Ich hatte im Jahr 2013 mal zwei Beiträge hier im Blog veröffentlicht, die sich mit dem Aufspüren defekter Bypassdioden an Photovoltaikanlagen beschäftigt haben. Aus aktuellem Anlass möchte ich hiermit einen Artikel veröffentlichen, der den ersten Beitrag zu offenen Bypassdioden (Der Bypassdiodencheck Teil 1) ergänzt.

Wenn man nach offenen Bypassdioden sucht, also Dioden die sich quasi so verhalten, als wären sie überhaupt nicht vorhanden, dann muss man – am Besten nachts – einen Strom durch den Modulstrang treiben, der die gleiche Richtung hat, wie der tagsüber von den Solarmodulen gelieferte Strom. Dazu kann man wie schon im oben genannten Blogartikel ausführlich beschrieben unser Service Netzteil pvServe einsetzen. Nun hatte ich im ersten Artikel geschrieben, dass im Falle einer offenen Bypassdiodenstrecke der Strom durch die Solarzellen fließt, die ja nachts nichts anderes als Dioden sind.
Stromfluss durch ein Solarmodul mit defekter Bypassdiode

Bei der genannten Stromrichtung würde der Strom dann in Sperrichtung durch diese Dioden fließen müssen. Ein signifikanter Strom fließt durch eine Solarzelle in Sperrrichtung erst ab ca. 14V. Bei einem Solarmodul mit 60 Zellen und 3 Bypassdioden beträgt die notwendige Spannung bei einer defekten Bypassdiode dann schon 20*14V = 280V. Das bedeutet, dass man mit dem pvServe, der eine maximale DC-Spannung von 1000V liefern kann, maximal 3 defekte Dioden in einem Strang finden kann, da bei mehr (z.B. 4) fehlenden Bypassdioden die Spannung nicht ausreicht, um einen signifikanten Strom durch die Zellen zu treiben.
So weit die Theorie. Nun hatte ich kürzlich erstmals einen Fall, bei dem ein Gewitter ordentlich gewütet hatte. In einem Strang haben wir alleine 4 kurzgeschlossene Bypassdioden gefunden. Nach der Umpolung des pvServe, um nach offenen Bypassdioden zu suchen, floss im betreffenden Strang leider auch bei der maximalen Spannung, also 1000V, überhaupt kein Strom… Oder besser gesagt nur ein ganz kleiner Strom von ca. 50mA. Ich hatte schon damit gerechnet, dass diese Defektstellen nur zu finden sein würden, wenn man den Strang in der Mitte teilt und dann die beiden Teilstränge separat untersucht, in der Hoffnung dass in beiden Teilsträngen nicht mehr als maximal 3 Bypassdioden defekt wären. Ein wenig Geduld und eine empfindliche Thermographie-Kamera belehrten uns allerdings schon kurz darauf eines Besseren. Die 50mA*14V = 0,7W pro Zelle hatten tatsächlich ausgereicht, um an den betroffenen Zellen eine minimale Temperaturerhöhung zu verursachen. Da unsere Thermographie Kamera (Testo 585) eine Temperaturauflösung von 30mK hat, konnten wir die Stellen deutlich erkennen, an denen die Bypassdioden defekt waren.

8 defekte Bypassdioden / Offene Bypassdioden
8 offene Bypassdioden

Und weil wir gerade beim Thema “offene Bypassdioden” sind, möchte ich noch ein Foto zeigen, auf dem man sehen kann, wie es aussieht wenn man Solarzellen im Durchbruch betreibt und eine Aufnahme mit der Elektrolumineszenzkamera macht. Auch hier zeigt sich eine Elektrolumineszenz, allerdings nicht über die gesamte Zelle gleichmäßig verteilt, sondern nur punktförmig an den Stellen im Kristall, an denen die lokalen Durchbrüche stattfinden.

Defekte Bypassdiode: Man erkennt deutlich eine Elektrolumineszenz an den durchbrechenden Solarzellen.
Man erkennt deutlich eine Elektrolumineszenz an den durchbrechenden Solarzellen.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch auf den zweiten Artikel der Bypassdiodenserie verlinkt.

Kommentare

  1. Hallo,

    Das heißt Sie haben die Solarmodule in Sperrrichtung trotz der mehr als 3 defekten bestromen können?

    Wie lässt es sich erklären, dass da 50 mA durchfließen? Eventuell weil nur wenige Dioden hochohmig waren und man bei 1000 V gerade noch 50 mA “durchjagen” konnte? Oder kann man die Module generell mit 50 mA in Sperrrichtung der Zellen bestromen? 50 mA = Verluststrom der “Diode”=Solarzelle?

    1. Eine Diode leitet auch in Sperrichtung immer ein klein wenig Strom, der sogenannte Sättigungssperrstrom. Bei qualitativ hochwertigen Dioden muss dieser Strom natürlich so klein wie möglich sein. Bei Solarzellen, deren Hauptaufgabe ja nicht die einer Diode ist, ist dieser Sättigungssperrstrom offenbar groß genug, um für eine leichte Erwärmung zu sorgen, die man oben in der Thermographieaufnahme deutlich erkennen kann.

      1. Hallo Herr Diehl,
        ich habe experimentel versucht ein Solarmodul mit einer hochohmigen bzw. nicht vorhandenen Diode zu bestrom. Unter ca. 300 Volt Spannung fließt da gar nichts.

        1. gar nichts oder nur wenige mA ?
          Man hat an einem Standardmodul (60 Zeller) 20 Zellen pro Dioide. Jede Zelle hat eine Durchbruchspannung von ca. 14-15V, das heißt unterhalb von 280V-300V passiert da nicht viel. Das ist korrekt. Im oben beschriebenen Fall haben allerdings schon wenige mA und ein wenig Geduld ausgereicht um die Stellen mit den defekten Modulen zu lokalisieren.

    1. Man hat das früher gelegentlich gemacht. Auch bei Dünnschichtanlagen mit vielen parallelen Strängen habe ich so etwas schon gesehen. In den letzten Jahren sind mir keine “blocking diodes” mehr begegnet.

      1. Ich habe gerade diesen Bericht gelesen:
        https://photomate.zendesk.com/hc/en-gb/articles/4568179768861-Faults-Caused-by-Different-Voltages-of-Two-PV-Strings-Connected-to-the-Same-MPPT
        Wäre das nicht ein Argument für “Sperrdioden”?
        Nicht nur, dass der parallele String mit einem defekten Modul nichts mehr an Leistung beisteuert, er “verbraucht” offenbar sogar Leistung.
        Aber sinnvoll ist natürlich trotzdem die PV-Anlage regelmäßig genauer unter die Lupe zu nehmen und bei Leistungseinbußen gleich tätig zu werden.

        1. Früher hat man in der Tat Sperrdioden eingesetzt um so etwas zu vermeiden. Die Dioden produzieren selbst aber natürlich auch eine Verlustleistung im normalen Betrieb. Vto*Impp = Pv. Also ca. 0,6V*10A. Bei vollem Strom sind das dann schnell mal 6W pro Diode. Später ist man dann dazu übergegangen bei mehr als 3 parallelen Strängen Strangsicherungen einzubauen. Wenn die Strangsicherung auslöst, ist der defekte Strang zumindest vom Rest getrennt. Heute sieht man zunehmend Wechselichter mit vielen MPP-Trackern, an die dann jeweils maximal 2 Stränge angeschlossen werden. Jeder der Tracker wird separat überwacht, so dass solche Probleme sofort erkannt werden.

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